Ein Blick hinter die Tür
Katharina Schnelle, Integrationsbegleiterin im Projekt KOMPAKT - Beratungsstelle für Jüngere im Kyffhäuserkreis, berichtet von ihren Erfahrungen in der Beratung junger Menschen.
Katharina Schnelle, Integrationsbegleiterin im Projekt KOMPAKT - Beratungsstelle für Jüngere im Kyffhäuserkreis, berichtet von ihren Erfahrungen in der Beratung junger Menschen.
„Danke für Ihre Hilfe, ohne Sie hätte ich das nicht geschafft.“
Auf diese oder ähnliche Aussagen antworte ich immer: „Danke, dass du dich darauf einlassen konntest, sonst hättest du das nämlich auch nicht geschafft.“
Vor dem Hintergrund vielfältiger Problemlagen ist es für Jugendliche und junge Erwachsene oft nicht einfach, bestehende Rahmenbedingungen zu durchbrechen und mögliche Zukunftsperspektiven für sich zu entwickeln. Einige dieser Herausforderungen sind beispielsweise soziale Isolation, berufliche oder private Misserfolge, Süchte, Schulden, Obdachlosigkeit, seelische Belastungen oder auch bürokratische Hürden. Und dennoch ist es möglich, wenn sich eine persönliche Veränderungsbereitschaft entwickelt und Unterstützung angenommen werden kann.
Dies zeigte sich auch in diesem Jahr im Projekt KOMPAKT – Beratungsstelle für Jüngere im Kyffhäuserkreis. Im Jahr 2024 wurden bisher mehr als 40 junge Menschen bis 30 Jahre bei vielfältigen Problemlagen unterstützt. Eine von ihnen ist Susanne (Name geändert), deren Begleitung ich als positives Praxisbeispiel kurz vorstellen möchte:
Susanne trat im Juli 2023 über das Jobcenter im Alter von 26 Jahren in das Projekt KOMPAKT ein. Auch sie kämpfte mit multiplen Schwierigkeiten in ihrem Leben. Trotz guter schulischer Abschlussvoraussetzungen (Realschulabschluss) bestand ihre bisherige berufliche Laufbahn aus zwei abgebrochenen Ausbildungen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme gab sie an, dass leichte Drogenprobleme bestünden, sie diese aber im Griff hätte – sie sprach von Cannabis.
Darüber hinaus gab es keine finanziellen Bezüge, da nicht alle benötigten Unterlagen für die Weiterbewilligung des Bürgergeldantrags eingereicht worden waren.Eine Ablehnung aufgrund einer drohenden Fristversäumnis stand im Raum. Zusätzlich wurden psychische Belastungen wie Ängste, Schlafstörungen und seelische „ups and downs“ beschrieben.
Nachdem in der beginnenden Zusammenarbeit der finanzielle Bezug gesichert werden konnte, wurden weitere Absprachen und Termine nicht mehr kontinuierlich eingehalten. Dies änderte sich erst nach intensiven Gesprächen, in denen Susanne Vertrauen fassen konnte. Erst an diesem Punkt konnte sie sich eingestehen, dass die anfänglich benannten „leichten Drogenprobleme“ umfangreicher waren – ein Substanzmittelmissbrauch verschiedener Drogen lag vor.
Dieser führte zu einem verschobenen Tag- und Nachtrhythmus, zu Schlaf- und Konzentrationsstörungen, zur schleichenden Vernachlässigung aller anderen Lebensbereiche und letztlich zu einer gefühlten Perspektivlosigkeit und Leere.
Viele sehr ehrliche und offene Gespräche über die bestehende Drogensucht, eine intensive Auseinandersetzung mit dieser sowie ein aufkeimender Veränderungswunsch führten schließlich zu der Einsicht, dass eine Verhaltensänderung notwendig ist.
Im September 2024 absolvierte Susanne im ÖHK Mühlhausen eine dreiwöchige Entgiftung. Kein einfacher Schritt für sie. Deshalb standen wir auch während dieser Zeit im regelmäßigen telefonischen Austausch. Es war nicht ihre erste Entgiftung, und sie meinte später zu mir, dass es zwar die schwerste, aber gleichzeitig die beste gewesen sei.
Die therapeutischen Gespräche wühlten viel in ihr auf, was nach wie vor unverarbeitet ist. Gleichzeitig brachten sie sie zu der Erkenntnis, weitere Schritte folgen lassen zu wollen, um ihr Leben für sich zurückzugewinnen (wie sie es formulierte). Und hier liegt der Schwerpunkt auf „wollen“ – die bestmögliche Motivation für positive Veränderung.
Susannes nächster Schritt war die Antragsstellung auf eine Langzeittherapie in einem anderen Bundesland, welche bewilligt wurde. Mitte Oktober trat sie diese erfolgreich an – mit den Abschiedsworten: „Danke für Ihre Hilfe. Ohne Sie hätte ich das nicht geschafft.“ Woraufhin ich erwiderte: „Danke, dass du dich darauf einlassen konntest, sonst hättest du das nämlich auch nicht geschafft.“
Ihr Weg ist noch nicht zu Ende, aber der Anfang ist gemacht.
November 2024
KOMPAKT unterstützt Jugendliche und junge Erwachsene bis zum 30. Lebensjahr auf dem Weg der sozialen und beruflichen Integration. Ziel ist es, arbeitslose junge Menschen mit multiplen Integrationshemmnissen zu erreichen, die von bestehenden Unterstützungs- und Bildungsangeboten nicht profitieren, Lücken im Angebotsspektrum zu schließen sowie eine maßgeschneiderte Abfolge differenzierter und individueller Hilfen zur sozialen und beruflichen Teilhabe zu entwickeln.
KOMPAKT