Jugendberufshilfe Thüringen e.V.
Gleiche Chancen fördern

Careleaver gut unterstützen-Impulse für die Praxis.

Tagungsdokumentation

Online Fachtagung am 23.09.2021

Unsere 2. Thüringer Fachtagung „Careleaver gut unterstützen-Impulse für die Praxis“ richtete sich an Careleaver, Fachkräfte und Entscheidungsträger der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe, aus Jobcentern, der Wohnungshilfe und anderen Schnittstellenbereichen sowie an Vertreter*innen aus Politik und Wissenschaft. Impulsreferate und Workshops boten, auch im Kontext der neuen gesetzlichen Regelungen des SGB VIII sowie des neuen ESF-Bundesprogramms „JUGEND STÄRKEN: Brücken in die Eigenständigkeit“ Anregungen und Erfahrungsaustausch dazu, was in der Praxis genutzt und getan werden kann, um Careleavern auch in Thüringen einen besseren Übergang in ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Was sich Careleaver wünschen: Careleaver und Fachkräfte im Gespräch

Die Careleaver*innen Savio, David und Melissa erzählten im Gespräch mit Mitarbeiter*innen der Projekte CLZT und Übergangscoaching für CL im Kyffhäuserkreis - Antje, Anika und Tobias - von ihren ganz persönlichen Erfahrungen im Übergangsbereich und was es heißt, Careleaver zu sein. Deutlich wird aus Ihren Schilderungen, dass es aus Ihrer Sicht oft an Ressourcen gefehlt hat und sie sich mehr Unterstützung, Zeit und Aufklärung gewünscht hätten.

CLZT: Vielen Dank an euch, wir finden es immer wieder beeindruckend und mutig, dass ihr bereit seid, öffentlich über eure Erfahrungen zu sprechen und sie mit uns zu teilen. Das hilft uns, Danke!

Das sind natürlich jetzt hier nur einige Stimmen von z.B. ca. 1.000 jungen Menschen, die jährlich in Thüringen im jugendlichen Alter die stationäre Jugendhilfe verlassen und jede Geschichte ist anders! Beim Sommerfestival der Brückensteine Careleaver-Initiative, deren Teil wir sind, haben sich 40 Careleaver aus ganz Deutschland über Strukturen und Hürden ausgetauscht, die sie noch immer häufig ohne ausreichende Unterstützung überwinden müssen. Daraus ist ein gemeinsames Forderungspapier entstanden, in dem Schmerzpunkte, Forderungen an Politik und Gesellschaft und Lösungswünsche zusammengetragen wurden: www.brueckensteine.de/stories/careleaver-forderungspapier

 

Leaving Care: Rechtsfolgen nach dem KJSG und aktuelle fachpolitische Diskurse

Dr. Severine Thomas, Universität Hildesheim, Institut für Sozial- und Organisationspädagogik

 

WS 1 - Chancengleichheit durch Anerkennung, abgestimmte Übergangsstrukturen und verlässliche Wegbegleiter: Übergangscoaching für Careleaver im Kyffhäuserkreis

Im Workshop 1 wurde ein Projekt vorgestellt, dass auf Initiative sowie in Kooperation mit dem öffentlichen Jugendhilfeträger im Kyffhäuserkreis umgesetzt wird und Careleaver über die Jugendhilfe hinaus auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleitet. Im Gespräch mit Vertreter*innen des Jugendamtes, einer Careleaverin und Mitarbeiterinnen des Projektes wurden Herausforderungen junger Menschen am Übergang in ein eigenverantwortliches Leben in Verbindung mit besonderen Bedingungen im ländlichen Raum, aber auch Potentiale und Lösungsansätze erörtert. Bisherige Ergebnisse aus der Projektumsetzung und Erfahrungen der partizipierenden Careleaver sowie Fachkräfte machen deutlich, dass u.a. folgende Aspekte gelungene Übergangsprozesse und damit Chancengerechtigkeit unterstützen:

  • verlässliche und langfristige Begleitung durch Lotsen, Mittler und Wegbereiter
  • niedrigschwellige (nicht an Bedingungen geknüpfte), mobile, flexible und individualisierte Hilfe
  • neutrale Ansprechpartner*innen (insbesondere für sogen. „jugendhilfemüde“ junge Menschen)
  • bedarfsgerechte zeitliche, personelle und fachliche Ressourcen der Akteure des Unterstützungssystems
  • Vernetzung und abgestimmte Zusammenarbeit unterschiedlicher Hilfe- und Leistungssysteme
  • Anerkennung der besonderen Lebenslage
  • Förderung individueller Potentiale i.V. mit entsprechenden Bildungs- und Teilhabechancen.

„Vor allem wenn Jugendliche und junge Erwachsene „jugendhilfemüde“ sind, sind sie sehr dankbar für das Projekt…“ (Jugendamt)

„Anbindung an das Übergangscoaching hat ihm nach anfänglichen Schwierigkeiten geholfen wieder zurück in die Bildungseinrichtungen zurückzukehren…“ (Jugendamt)

„Jetzt fühle ich mich selbständiger und bin dankbar für die Hilfe, die ich bekommen habe…“ (Careleaverin)

„Ich weiß, dass ich mich immer melden kann, wenn ich doch noch irgendwo Unterstützung oder einen Ratschlag benötige…“ (Careleaverin)

 „Das Übergangscoaching bietet Careleavern einen unabhängigen Ansprechpartner, der über niedrigschwellige Zugangswege individuelle, lebensweltorientierte Unterstützung leistet.“ (Integrationscoach)

 „Wir arbeiten in einem gut funktionierenden Netzwerk, in dem die Partner für die besonderen Bedürfnisse von Careleavern sensibilisiert werden und wir eine Lotsenfunktion übernehmen. Dies ermöglicht den Jugendlichen einen leichteren Zugang und ermutigt sie zu eigenständigem Handeln.“ (Integrationscoach)

 

WS 2 - Strukturierte Vorbereitung, Beteiligung und Nachbetreuung: Careleaving in Thüringer Jugendhilfeeinrichtungen

Das einrichtungsbezogene Übergangsmanagement im Kinder- und Jugendheim Schloss Marisfeld wurde als Praxisbeispiel vorgestellt - Gemeinsam mit Fachkräften und Careleavern tauschten wir Erfahrungen aus und diskutierten zu einrichtungsbezogenen Möglichkeiten und Visionen in Thüringen.

 

Paradigmenwechsel und rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit: Leaving Care in der Kommune

Dr. Severine Thomas, Universität Hildesheim, Institut für Sozial- und Organisationspädagogik

 

Mehr Chancengerechtigkeit für Careleaver in Thüringen

Unter diesem Motto widmeten sich die Teilnehmer*innen im Tagungsabschluss der Fragestellung, was in der Praxis - also von ihnen selbst - genutzt und getan werden kann, um Careleavern auch in Thüringen einen besseren Übergang in ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. 3 Fragen wurden beantwortet.

1. Wie werden Sie persönlich/als Fachkraft/Träger/Institution zu mehr Chancengerechtigkeit für Careleaver in Thüringen beitragen?

2. Mit wem und wie möchten Sie in Ihrer Region/Landkreis/Stadt das Thema konkret voranbringen?

3. Hat Ihnen die Veranstaltung dafür Impulse gegeben?

CLZT: Wir nehmen die Antworten als so etwas wie ein Versprechen und einen Arbeitsplan Ihrerseits! Wenn Sie für die Umsetzung Unterstützung benötigen, sind wir als CLZT und ÜBCO gern für Sie da. Nutzen Sie unser Angebot als Fachkräfte, aber auch für die von ihnen betreuten jungen Menschen.

Vielen Dank an alle Careleaver*innen, Referent*innen und Teilnehmer*innen  für den anregenden Austausch. Wir wünschen Ihnen viel Kraft und Freude bei Ihrer verantwortungsvollen Arbeit.

 

 

Ansprechpartnerin

Antje Müller

Fon: 0361 422901-13
Fax: 0361 422901-30
antje.mueller@jbhth.de

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